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Klima & Ernergie - - Was wollen wir eigentlich ?

Foto: Adobe-Stock Lizenz

Auf dem radikal-realistischen Pillepalle-Index

Die Forderungen der Klimabewegung zur baldigen Umstellung der Stromerzeugung auf regenerative Quellen kollidieren zunehmend mit Warnungen hiesiger Energie-Experten, dass ein zu schneller Ausstieg aus Kohle und Kernkraft zu einem nationalen Blackout führen könnte.
Was macht "radikal realistisch" nun mehr Angst: das Langfristig-Szenario eines geschundenen Planeten mit Hochwasser hier und Dürre dort oder aber das Mittelfrist-Szenario mit einem Strom-Blackout und bürgerkriegsähnlicher Anarchie hierzulande spätestens 24 Stunden später?
Erleben wir derzeit einen gesellschaftspolitischen Kampf um Zustimmung, bei dem nur der negativeste Finalist mit der besten Performance gewinnt?

Wer noch mit Fakten argumentiert, kommt rückblickend an den ersten beiden - stromwirtschaftlich extrem gegensätzlichen - Quartalen dieses Jahres nicht vorbei:

Das erste Quartal war geprägt von einem Windkraft-Überangebot vor Deutschlands Küsten, das mangels Nachfrage wiederholt nicht angezapft und stattdessen mit gesetztlich festgelegten Pauschalen "in Höhe von knapp einer halben Mrd. Euro" (F.A.Z. vom 9. August) an die Betreiber entschädigt wurde.

Im zweiten Quartal dagegen blieb die regenerative Stromproduktion mehrfach unplanmäßig weit unter soll und erreichte bespielsweise am 20. Mai, dem Montag vor der Europawahl, vormittags nicht einmal 50% der üblichen Leistung wie an den Montagen davor und danach (Quelle: Fraunhofer ISE). Das seinerzeitige Fehlen von rund 14 Gigawatt entsprach der Kapazität von 11(!) Kernkraftwerken. Die kurzfristig notwendige Absicherung der Verbundnetz-Frequenz musste von einigen ebenso übberraschten Nachbarstaaten erbracht werden, was dort zu erheblichen Problemen führte bis hin zum Beinahe-Crash des südlich angrenzenden eidgenössischen Swiss-Grid-Netzes. Ähnliche gefährliche Engpass-Situationen mit Deutschland als Verursacher wiederholten sich im zweiten Quartal mehrmals. Ist es das, was die Kanzlerin jüngst mit "Pillepalle" bezeichnete und was schleunigst zu beenden sei?

Dreh und Angelpunkt einer klimagerechten Elektrizitätswirtschaft muss die Idee sein, künftig das Angebot an Ökostrom mit der Nachfrage einer Industrienation nicht nur mengenmäßig, sondern auch zeitlich in Einklang zu bringen. Dazu gehört der beschleunigte Ausbau von Strom-Ferntrassen, um Offshore-Überproduktionen aus Windkraft wie im ersten Quartal (noch) größeren Absatzmärkten zuführen zu können. Und es bedarf einer nationalen Stromspeicher-Initiative, um zum Beispiel mit neuen Pumpspeicherwerken unerwartete Produktionsausfälle (wie die im zweiten Quartal) besser ausgleichen zu können.

Noch bis Ende 2017 wurde hier im Südschwarzwald so lange gegen das Pumpspeicher-Projekt Atdorf demonstriert, bis die potenziellen Betreiber mit Hinweis auf diverse wirtschaftliche Risiken entnervt aufgaben.


Quelle: F.A.Z. Leserbrief vom 12.10.2019 von Dr. Kai Hendrik Schlusche Lörrach